La Brévine-Le Locle

Von La Brévine nach Le Locle

27. Juli 2019

Ab acht Uhr gibt‘s Frühstück, oder so behaupten es wenigstens die angeschlagenen Öffnungszeiten, doch die Tür hinunter in die Gaststube ist geschlossen. Die Frühaufsteher, welche die senile Bettflucht hinausgetrieben hat, haben den Notausgang dazu benützt, um die frischgewaschenen, näheren Örtlichkeiten von La Brévine im Morgentau noch zu erkunden, was gestern der Wolkenbruch verhindert hat. Das wäre auch für uns gerade die Gelegenheit, in der Boulangerie nebenan noch etwas Reiseproviant für heute einzukaufen. Beim Rekognoszieren hat man entdeckt, dass es dort sagenhafte Nussschnecken gibt. Da sich hinter den verschlossenen Hoteltüren immer noch nichts tut, kann man auch noch einen Blick in die Kirche werfen und sich gleich daneben bei der automatischen Mess-Station der MeteoSchweiz darüber informieren, dass dort am 12. Januar 1987 die Minusrekordtemperatur von -41,8° gemessen wurde. Diesem absoluten, offiziell von MeteoSchweiz gemessenen Rekord verdankt. La Brévine hat seinen Ruf und seine schweizweite Berühmtheit als Sibirien der Schweiz. Im Jahr 1962 haben sie sogar -42,6° gemessen, nur sei dies nicht ein offiziell anerkannter Rekord. Dabei hat uns mal der Hotelier auf der Glattalp gesagt, dass ihre Minustemperaturen oftmals noch tiefer fallen können. Tatsächlich hat im September letzten Jahres Jörg Kachelmann von dort einen Kälterekord von minus 45,4° vermeldet, gemessen von einer Station, die den Vorschriften der Meteorologischen Weltorganisation genügt. Gilt nicht, das sei kein bewohnter Ort und so zankt man sich halt um diese Berühmtheit. Immerhin haben wir erlebt, dass es hier in dieser Gegend sogar unterirdische Gletscher gibt, die mit genügend Kälte versorgt werden, sodass ihr Eis über hundert Jahre alt wird. Oder hat man im Höllloch solche Eisreserven nur noch nicht entdeckt?

In der Zwischenzeit haben andere Hotelgäste den Wirt aus tiefstem Schlaf aufgeweckt und für ihn peinlich genug, kommt er angebraust und waltet seines Amtes, so dass wir versorgt mit einem guten Frühstückskaffee mit allem Drum und Dran doch noch rechtzeitig unsern Bus erreichen, der uns durch die liebliche Juragegend erst mal nach Le Locle bringt.

Auf dem Wunschprogramm für unsere letzten Aktivitäten auf unserer Wanderung stünden neben dem Besuch der unterirdischen Mühlen in Le Locle auch noch eine Schifffahrt auf dem Doubs bei Les Brents mit einer Wanderung beim Saut du Doubs. Da heute nicht unbedingt Schifffahrtwetter zu erwarten ist, entschliessen wir uns für die Moulins souterrains, wo uns der Postautochauffeur fast vor deren Toren auslädt.

Dank den Gästekarten, welche wir auch von unserem heutigen Wirt erhalten haben, gilt auch für dieses Museum freier Zutritt und wir kommen sogar in den Genuss einer Führung, die in einer Viertelstunde beginnt. Wir folgen dem Guide über viele Treppen und Stufen hinunter in die Unterwelt, wo das Wasser, welches in diesem Talkessel nirgends oberirdisch ablaufen kann, mehrere mehrstöckige Höhlen in den Kalkstein gefressen hat. Von dieser Höhendifferenz hat man bereits im 16 Jahrhundert profitiert und hat mehrere Wasserräder übereinander angeordnet und damit Mühlen, Dreschmaschinen und Sägen angetrieben. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Mühlen dann aufgegeben und fortan benutzte ein Schlachthaus diese immensen Höhlen als Abwurfschacht für die Metzgereiabfälle.

Vor 40 Jahren begannen passionierte Geschichts- und Höhlenforscher mit Widerherstellungsarbeiten, um die Anlagen an ihrem ursprünglichen Ort wieder zu restaurieren. Plastisch kann uns der Führer die Vorstellung herüberbringen, was es geheissen hat, diese Unmengen von Schlachtabfällen dort wieder heraufzuholen. Das Zeug war nicht verrottet oder verwest und dank der gleichbleibenden Temperatur über all die Jahre stinkt es nicht. Er behauptet im Gegenteil, dass es eine hochwirksame Substanz als Grundlage für eine Antifaltencreme gewesen wäre. (Trotzdem igitt)

Aber gut, haben sie sich dahinter gemacht, so konnten wir eine weitere spannende Geschichte einer Höhle erleben, welche bestens in unsere diesjährige Schluchten-, Höhlen- und Grottenwanderung passt.

Bis zum Bahnhof geht’s nun noch gut zwei Kilometer dem kleinen Wässerchen Bied entlang, welches den Talkessel zu entwässern hilft. In einem Strassencafé reicht es noch zu einem Espresso und für die allerletzten 40 Höhenmeter, welche wir auf dieser Wanderung noch zu bewältigen haben, können wir den Schienenlift nehmen, welcher uns direkt zum Bahnhof hinauf hievt. Ein grüner Flirt der transN entführt uns nun aus dem Reich der grünen Fee und das Wandergrüppchen wird bei jedem Bahnhof kleiner und die vier wunderschönen, aber heissen Wandertage der Sommerwanderung 2019 gehören wieder der Vergangenheit an.